16. Januar 2015

SNB hebt Euro-Mindestkurs auf – Frankenkurs explodiert

Die Schweizer Nationalbank gibt das Ende des Euro-Mindestkurses von 1,20 Franken bekannt – der Euro rutschte unmittelbar danach sogar unter die Parität.

„Die Schweizerische Nationalbank hebt den Mindestkurs von 1,20 Franken pro Euro auf. Zugleich senkt sie den Zins für Guthaben auf den Girokonten, die einen bestimmten Freibetrag übersteigen, um 0,5 Prozentpunkte auf -0,75 Prozent“, schreibt die SNB in einer Mitteilung. Unmittelbar danach sackte der Euro zeitweise sogar unter die Parität auf Kurse um 0,9586 Franken ab. Auch der US-Dollar fiel massiv auf einen Wert von 0,8864 Franken – der größte Rutsch seit mindestens 1971.

Der Mindestkurs sei in einer Zeit der massiven Überbewertung des Frankens und größter Verunsicherung an den Finanzmärkten eingeführt worden, heißt es in der Mitteilung. Die im September 2011 eingeführte Maßnahme habe die Schweizer Wirtschaft vor schwerem Schaden bewahrt. „Der Franken bleibt zwar hoch bewertet, aber die Überbewertung hat sich seit Einführung des Mindestkurses insgesamt reduziert“, so die eidgenössische Notenbank.

Einer der Gründe ist die Tatsache, dass sich der Euro gegenüber dem US-Dollar deutlich abgewertet hat. Dadurch wurde auch der Franken zum US-Dollar schwächer. Vor diesem Hintergrund sei die SNB zum Schluss gekommen, „dass die Durchsetzung und die Aufrechterhaltung des Euro-Franken-Mindestkurses nicht mehr gerechtfertigt sind“. Man werde „bei Bedarf“ am Devisenmarkt aktiv bleiben, um die monetären Rahmenbedingungen zu beeinflussen. (mb)

Quelle: fondsprofessionell.at

 

Fragen, die sich Franken-Kreditnehmer nun stellen müssen

Für die vielen heimischen Kreditnehmer, die sich in Schweizer Franken verschuldet haben, wird der 15. Januar 2015 als Schockdatum in Erinnerung bleiben. Die Entscheidung der Schweizer Notenbank, den nun mehr als drei Jahre lang verteidigten Wechselkurs freizugeben, hat ihre Schulden binnen Minuten um mehr als 15 Prozent vergrößert. Betroffene fragen sich derzeit natürlich, wie sie mit der neuen Lage umgehen sollen. Und eine Antwort darauf ist alles andere als einfach.

Grundsätzlich hat sich die Lage zwar nicht geändert – nicht die Schweizer Währung steigt, sondern der Euro fällt, erkennbar am gegenüber dem US-Dollar fallenden Franken – aber offenbar geht nun auch die Schweizer Notenbank davon aus, dass der Euro noch viel schwächer werden könnte und es sinnlos bis gefährlich wäre, sich weiter dagegen zu stemmen. Bei der Frage, ob man nun das Handtuch werfen und die bisher aufgelaufenen Wechselkursverluste realisieren soll, muss man daher für sich selbst die Frage beantworten, ob man davon ausgeht, dass sich die europäische und die Schweizer Wirtschaft tatsächlich nachhaltig auseinanderentwickeln können. Ist es vorstellbar, dass die Volkswirtschaft der Eidgenossen bis auf weiteres mit einem Wechselkurs von – sagen wir – 1:1 als Exporteur und Tourismusstandort konkurrenzfähig bleibt?

Ist es vorstellbar, dass eine Währung nachhaltig aufwertet?
In der Schweiz selbst ist davon längst nicht jedermann überzeugt. Der Schweizer Industrielle Nick Hayek (Swatch) etwa sieht in der Wechselkursfreigabe eine Katastrophe für die exportorientierten Branchen seines Landes. Auch der Zehn-Prozent-Kursrutsch des Zürcher Aktienmarktes legt nahe, dass hier niemand annimmt, dass der neue Wechselkurs Schweizer Unternehmen Rückenwind verleiht.

Wer nun aber nicht glaubt, dass ein dermaßen starker Franken langfristig funktioniert, muss auch unterstellen, dass die dadurch mittelfristig ausgelöste Schwächung der Schweizer Wirtschaft in weiterer Folge auch eine Schwächung der Währung bewirken wird. Man muss sich darüber hinaus die Frage stellen, ob es vorstellbar ist, dass eine Währung nachhaltig aufwertet, obwohl Anleger, die sie kaufen, Negativzinsen von derzeit bis zu einem dreiviertel Prozent akzeptieren müssen? Möglich ist das schon, allerdings wird man das nur dann tun, wenn man für die Alternativen noch höhere Verluste befürchtet.

Unterm Strich ist es fundamental nur schwer vorstellbar, dass der Euro/Franken-Kurs tatsächlich für viele Jahre (denn so langfristig sind die meisten Kreditverträge) niemals mehr in die alten Regionen zurückkehrt. Um eine Entscheidung zu finden, muss man vor allem aber die reale Situation des Gesamtgeschäfts ermitteln, um die vorhandenen Spielräume zu kennen, denn der FX-Kredit besteht ja keineswegs nur aus einer Wechselkurs-Paarung.

Im Einzelfall benötigt man nun eine neuerliche Analyse:

  1. Wie hat sich das Grundgeschäft – sprich, der Wert der Immobilie – seit Beginn entwickelt? Das ist deshalb relevant, weil man sie ohne den Kredit nicht hätten kaufen können.
  2. Wie hat sich bei einem FX-Kredit der Euro-Gegenwert der Ausleihung entwickelt?
  3. Wie haben sich die Zinsen seit Start entwickelt, und was wurde mit der Zinsersparnis gemacht?
  4. Wie sieht die Entwicklung des Tilgungsträgers aus?
  5. Wie viel Zeit bleibt noch bis zur Endfälligkeit des Kredits?
  6. Besteht während der Restlaufzeit des Kredits die Möglichkeit, in einem höheren Maß als bisher für die Tilgung vorzusorgen?

Euro-Europa höchstwahrscheinlich nicht „am Ende“
Erst die vollständige Kalkulation der realen Situation ermöglicht in Kombination mit einer persönlichen Einschätzung der weiteren Entwicklung ein finales Urteil. Natürlich sind Wechselkurse nicht vorhersehbar, zu unterstellen, dass Euro-Europa noch längst nicht „am Ende“ ist, dürfte jedoch nicht zu gewagt sein.

Quelle: fondsprofessionell.at